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Die Meditation und das Schweigen

Ein Beitrag zur Aktion "Kursgruß" von Jochen Weckwarth, Referent "Gemeinsam meditieren - Sitzen in der Stille"

Den Kursgruß möchte ich zum Anlass nehmen, ganz besonders herzlich denen zu danken, die schon so lange und mit Ausdauer jeden Dienstagabend an der Meditation teilnehmen. Zum Dank sei auch dieser kleine Text beigefügt, der dem einen oder anderen vielleicht zu denken gibt.

Dass wir während der Meditation schweigen, versteht sich von selbst. Aber hören wir auch schon auf zu reden, bloß weil wir den Mund geschlossen halten? Jeder von uns wird schon einmal bemerkt haben, dass wir uns zum Reden nicht eigens entschließen müssen und dass es meist noch in uns spricht, auch wenn wir uns stattdessen zum Schweigen entschlossen haben. Die Worte kommen uns ganz von selbst und sie kommen gegen unseren Willen. Insofern ist das Schweigenwollen ein aussichtsloses Unterfangen.
Dass es unaufhörlich in uns spricht, auch wenn wir keinen Ton verlauten lassen, ist uns Menschen so selbstverständlich, dass wir es eigens gar nicht bemerken. Mal spricht es lauter, mal leiser, aber der Faden reißt nicht ab. Im Theater wird er uns vorgeführt als innerer Monolog. Allein steht der Held auf der Bühne und sein Inneres wird laut. In der Literatur des 20. Jahrhunderts fließt der >Stream of Conciousness< über endlose Seiten ohne Punkt und Komma: Sätze heben an und brechen ab, Worte geistern, Episoden blitzen auf, Bilder schieben sich ein, ein Stottern, ein Stammeln, ein Seufzen ... Zuvor schon hatte sich Sigmund Freud für diesen Rohstoff interessiert. Unter seinem verborgenen, aber wachsamen Blick war die Couch zu einem Ort geworden, an dem das freie Assoziieren sich hemmungslos offenbaren durfte. Die Seele war endlich greifbar und auch zerlegbar geworden, so dass die Psychologie in Form der Psychoanalyse sich als Wissenschaft etablieren konnte.
Der Mensch spricht. Und das vermutlich bis zu seinem Tod. Wilhelm von Humboldt nannte den Menschen im Gegensatz zu Pflanze und Tier, das sprachfähige Lebewesen. Schon das Kind >spricht<, lange bevor ihm die ersten wohlgeformten Laute seiner Muttersprache über die Lippen kommen. Bereits im vierten Schwangerschaftsmonat ist das Gehör vollständig ausgebildet und der Embryo in der Lage, zwischen einem ständig andauernden Gurgeln, Blubbern und Pochen, wie es das Leben in der Bauchhöhle der Mutter nun einmal so mit sich bringt, und differenzierteren Lauten zu unterscheiden, etwa der Stimme der Mutter. Von nun an spricht es im Kind und das tiefe Ineinander von Stimme und Stimmung, Wohlbefinden, Vertrauen und Sprache hat hier wohl seinen Grund.
Hören wir also im Schweigen auf die Stimmung und das Sprechen in uns. Und wenn es hin und wieder ganz still und leise wird, geht das Sprechen in uns womöglich weiter. Wir atmen ja auch und unser Herz schlägt unentwegt, auch wenn wir gar nicht eigens daran denken.

Foto von Noelle Otto / canva

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