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Was eine Pandemie mit Mode zu tun hat

Auswirkungen der Corona-Krise auf Textilarbeiter*innen weltweit : Ein Beitrag zur Aktion "Kursgruß" von Mirjam Hitzelberger, Referentin Globales Lernen DEAB

Die Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise auf unser Leben, unseren Alltag, aber auch die Wirtschaft sind massiv. Während hierzulande der Staat milliardenschwere Hilfspakete auflegt, um Arbeitnehmer*innen durch die Krise zu bringen und Unternehmen zu retten, verliert man schnell aus dem Blick, welche Auswirkungen die Pandemie auf Arbeiter*innen in den ersten Stufen globaler Lieferketten haben. In der Textilindustrie sehen sich Arbeiter*innen angesichts ausbleibender Bestellungen mit fristlosen Kündigungen oder unbezahltem Zwangsurlaub konfrontiert. Dabei verdeutlicht die aktuelle Krise auch grundsätzlich die Probleme in der textilen Lieferkette.

Schon Ende Februar warnten erste Berichte vor massiven Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeiter*innen in Textilfabriken, z.B. in Kambodscha, Bangladesch, Indien und Myanmar. Seitdem Europa und die USA Schritt für Schritt das öffentliche Leben einschränken und Geschäfte nach und nach schließen mussten, macht sich dies auch in den Produktionsländern bemerkbar.

Die Verträge zwischen Zulieferern und Modeunternehmen sind oft so gestaltet, dass die Unternehmen erst bis zu drei Monate nach Lieferung bezahlen. Nun stornieren zahlreiche große Modefirmen kurzfristig ihre Bestellungen und berufen sich auf den Umstand ‚höherer Gewalt‘. Mit dieser Begründung weigern sie sich nun auch, bereits entstandene Kosten in der Produktion zu übernehmen. In einer Industrie, die ohnehin schon unter massivem Zeit- und Preisdruck arbeitet und in der Arbeiter*innen oft Löhne erhalten, die nicht zum Leben reichen, kommt dies einer Katastrophe gleich. Auf den bereits entstandenen Kosten bleiben die Zulieferer und letztlich die Arbeiter*innen sitzen, die ihren Lohn nicht mehr erhalten und ohne Entschädigung entlassen werden. Da sie jahrelang nur niedrigste Löhne erhalten haben, ist es den Arbeiter*innen in der Regel nicht möglich, etwas zur Seite zu legen. In Bangladesch wurden Gewerkschaften zufolge schon rund 1 Million Arbeiter*innen entlassen oder größtenteils ohne Bezahlung beurlaubt. Dort, wo noch weitergearbeitet wird, fürchten Arbeiter*innen, dass sich das Virus in den überfüllten Fabriken und ohne entsprechende Schutzmaßnahmen schnell verbreiten wird.

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Die Frage danach, wie diese Situation international und solidarisch gelöst werden kann, bleibt bei all den (wichtigen) Diskussionen über Soforthilfen, Kurzarbeit und andere nationale Maßnahmen, um die Krise abzufedern, noch unbeantwortet. Gewerkschaften aus den Produktionsländern appellieren an die Modeunternehmen aus Europa und den USA, ihre Bestellungen nicht zu stornieren und zu einem Hilfsfonds für Arbeiter*innen beizutragen. Auch die Kampagne für Saubere Kleidung schließt sich dem Appell an die großen Modefirmen an und fordert, dass diese Verantwortung für die Arbeiter*innen in ihren Lieferketten übernehmen.

Die aktuelle Situation führt uns nochmals dramatisch vor Augen, wie wichtig Transparenz und unternehmerische Sorgfaltspflichten für Menschenrechtsschutz entlang der Lieferkette sind. Es wird klar: Es muss sich langfristig etwas ändern und die Rechte und der Schutz der Arbeiter*innen müssen nachhaltig gestärkt werden. Ein sogenanntes Lieferkettengesetz, das Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, die Menschenrechte und die Umwelt in ihren Lieferketten zu schützen, kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Petition dazu kann auch online unterschrieben werden.

Weiterlesen: Seit Mitte März dokumentiert die internationale Kampagne für Saubere Kleidung in einem englischsprachigen Blog, wie sich die Situation für die Arbeiter*innen entwickelt

Ausblick: Für den im Rahmen des Frauenfrühstücks geplanten Vortrag „Was uns anzieht – Mode und Konsum zwischen Leid und Leidenschaft“ gibt es nun einen Ersatztermin am Freitag, 16. Oktober 2020 um 18 Uhr.

Foto: Volker Rekittke
Das Bild entstand bei einer gemeinsamen Studienreise der Autorin und des Fotografen nach Bangladesch im vergangenen Sommer in einer Textilfabrik

Die Autorin ist Referentin beim Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB)

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